Rheumatologische Praxis am Feuersee, Dr. Weidner, Dr. Engel
Feuersee Stuttgart West

Sehr geehrte Patientinnen, sehr geehrte Patienten,

bezüglich der vielen Anfragen zur aktuellen Corona-Virus-Problematik verweisen wir auf die unten stehende Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie. Sollten Sie typische Zeichen einer Corona-Virus-Infektion bemerken, wie Husten, Fieber und/oder Schnupfen, bitten wir Sie, die Praxis nicht aufzusuchen, sondern uns zu kontaktieren.

Ihre Ärzte
Dr. Andreas Engel und Dr. Sven Weidner

 

Empfehlungen der DGRh e.V. und der Deutschen Rheuma-Liga für Patientinnen und Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen im Kontext der COVID-19-Pandemie

Die Coronavirus-Pandemie ist ein sehr gegenwärtiges, den Alltag einschränkendes Problem für uns alle geworden. Da die Kontrolle einer Virusinfektion ein gesundes Immunsystem benötigt, machen sich insbesondere Patienten mit chronischen Entzündungen verständlicherweise große Sorgen. Dadurch ergeben sich offene Fragen: Wie hoch ist meine Ansteckungsgefahr? Verläuft eine Virusinfektion bei mir womöglich besonders schwer? Dies führt zu vielen berechtigten Anfragen an die behandelnden Hausärzte und Fachärzte für Rheumatologie. Dieser kurze Text will die aktuelle Situation darstellen und Ihnen als PatientInnen und Angehörige konkrete Empfehlungen geben.

Wo stehen wir aktuell? Gibt es Risikofaktoren, die Sorge auf einen schlechten Verlauf rechtfertigen?

Das Corona-Virus SARS-Co-V2 hat in Deutschland bisher weniger als 1% der Bevölkerung nachweislich befallen. Schätzungen gehen von einer Dunkelziffer von vielleicht 10% oder höher aus. Das belegt, dass das Virus – auch dank der Schutzmaßnahmen – bisher tatsächlich nur einen kleinen Teil der Bevölkerung infiziert hat. Weitere Infektionswellen werden aber kommen. Sollte die hohe Dunkelziffer richtig sein, bedeutet dies auch, dass 90% der Infizierten die Symptome als nicht schwerwiegend erfahren und teils gar nicht bemerken.

Untersuchungen an Erkrankten weisen darauf hin, dass ältere Menschen und Männer schwerer betroffen sind. Auch bestimmte Vorerkrankungen der Lunge und Übergewicht sind Risikofaktoren für einen aggressiveren Verlauf der Virusinfektion.

Welche weiteren Risikofaktoren werden diskutiert – und warum? Ist das begründet?

Das Robert Koch-Institut (RKI) und andere Institute und Gesellschaften listen weitere Risikofaktoren auf, die theoretisch zu einem schlechteren Verlauf der Infektion führen. Hier nennt das RKI Erkrankungen des Immunsystems, also auch die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die Forscher vermuten, dass die körpereigene Abwehr, das „Immunsystem“, durch die Rheumaerkrankung so abgelenkt ist, dass es das Corona-Virus nicht ausreichend bekämpfen kann. Dies ist eine theoretische Überlegung. Erfreulicherweise gibt es bisher keinerlei Daten, die dies untermauern: Daten aus den von COVID-19 besonders betroffenen Regionen zeigen, dass unsere Patienten vom SARS-CoV2-Virus nicht häufiger befallen werden. Auch der Verlauf der COVID-19 bei „Rheuma“-Patienten scheint nicht aggressiver zu sein als bei anderen Menschen – so die ersten Analysen.

Des Weiteren listet das RKI auch Therapieformen mit immunsuppressiven, also die Funktion des Immunsystems bremsenden Medikamenten als Risikofaktoren für einen schlechten Verlauf. Dies sind für „Rheuma“-Patienten wichtige Medikamente wie Cortison (z.B Prednison), Methotrexat, andere konventionelle und moderne Medikamente wie Biologika und Janus-Kinase-Inhibitoren. Da das SARS-Cov2-Virus neu ist, kann es noch keine umfangreichen Erfahrungen geben, die das Infektions- oder Aggressivitätsrisiko des SARS-Virus unter einer bestimmten Therapieform exakt beziffern können.

Für andere (nicht SARS-CoV2) Infektionskrankheiten hat das Deutsche Rheumaforschungszentrum in Berlin das schon herausgefunden. In großen Registerstudien mit tausenden unserer „Rheuma“-Patienten konnte das DRFZ zeigen, welche Faktoren Menschen mit Rheuma empfänglich für Infektionen machen:

  • Alter über 60 Jahre
  • höhere Cortison-Dosierungen (v.a. > 5mg/Tag)
  • Patienten mit Vorerkrankungen an inneren Organen wie Niere oder Lunge
  • Patienten mit bereits früher stattgefundenen schwerwiegenden Infektionen


Die Art der Therapie mit Medikamenten (außer Cortison) spielte hierbei eine geringe Rolle, dies galt vor allem auch für Virusinfektionen. Ob dies genauso auch für Infektionen mit dem aktuellen Corona-Virus zutrifft, ist noch unklar aber wahrscheinlich: erste wissenschaftliche Veröffentlichungen lassen vermuten, dass eine Therapie mit jeglicher Art der Immunsuppression (vielleicht mit Ausnahme höherer Cortison-Dosierungen) weder einen messbar positiven noch einen messbar negativen Einfluss auf die Infektionswahrscheinlichkeit und/oder den Infektverlauf hatte. Hier berufen wir uns auf Ergebnisse aus China, Italien, Frankreich und den USA, die wegen höherer Infektionsraten die besten Daten dazu liefern konnten.

Aus älteren Informationen vermuten wir also – ohne es für die aktuelle SARS-CoV2-Infektion beweisen zu können – dass unter den medikamentösen Therapien eine höher dosierte Cortison-Therapie wahrscheinlich das größte Risiko darstellt. Deshalb haben sich rheumatologische Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V., die Europäische Gesellschaft für Rheumatologie EULAR sowie die Britische Gesellschaft für Rheumatologie dafür ausgesprochen, die immunsuppressiven Medikamente aus Angst vor der SARS-CoV2-Infektion NICHT abzusetzen: denn dies könnte die entzündlich-rheumatische Grunderkrankung verstärken. Dann müssten Patienten mehr Cortison einnehmen, was wiederum ihr Risiko für einen schweren Verlauf einer SARS-CoV2-Infektion erhöht.

Eine Analyse der Universitätsklinik Erlangen-Nürnberg untersuchte bei Patienten mit einer entzündlichen Erkrankung das Auftreten von Antikörpern gegen das SARS-Cov2-Virus, also Abwehrstoffen, gegen das Corona-Virus. Dabei zeigte sich überraschenderweise, dass sich im Blut von Patienten unter anti-entzündlicher Therapie seltener Antikörper gegen das Corona-Virus nachweisen ließen als bei zwei Kontrollgruppen. Wie diese Ergebnisse zu deuten sind, müssen Forscher noch herausfinden. Dass diese Therapieformen sogar vor einem schweren Verlauf schützen könnten, sind bislang nur Vermutungen. Die Erlangener Daten lassen viele Fragen offen und dürfen ganz sicher nicht dazu führen, bei all diesen Patienten entweder diese Therapieformen anzusetzen oder unter der Therapie besonders sorglos mit den üblichen Abstands- und Hygieneregeln umzugehen, denn das könnte fatale Folgen haben: dies gilt es zu vermeiden!

Zusammenfassend halten wir Folgendes fest:

  1. die Frage, ob Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen für eine SARS-CoV2-Infektion oder einen schweren Verlauf besonders gefährdet sind, kann aktuell wegen der geringen Fallzahlen nicht eindeutig beantwortet werden. Alles, was wir bisher wissen, deutet NICHT auf eine höhere Gefährdung unserer Patienten hin.
  2. Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen sollen konsequent – wie alle anderen Menschen auch – die Abstands- und Hygieneempfehlungen des Robert Koch-Institutes einhalten.
  3. Basierend auf den Daten aus China, Italien, Frankreich und den USA kann man sagen, dass eine Therapie mit gängigen immunsuppressiven Medikamenten (Basistherapeutika wie Azathioprin, Methotrexat, Sulfasalazin...) oder auch moderneren Präparaten (Immunbiologika, Jak-Inhibitoren) nach heutigem Kenntnisstand keinen schlechteren Verlauf provozieren. Im Gegenteil werden einige Medikamente wie Hydroxychloroquin, Interleukin-6 blockierende Biologika oder Interleukin-1 blockierende Biologika in der Therapie der aggressiven Form der Corona-Infektion getestet. Überzeugende Hinweise gibt es dazu bisher aber nicht.
  4. Entsprechend raten alle rheumatologischen Fachgesellschaften, die Medikation NICHT abzusetzen: dies könnte ohne Not einen Entzündungsschub des „Rheuma“ provozieren, was dann oft zur Einnahme einer höheren Cortisondosis zwingen würde: gerade eine höhere Cortisondosis hat in anderen Fällen immer zu einem bedeutend höheren Risiko für Infektion und aggressiveren Verlauf dieser Infektion geführt.
  5. Als wissenschaftliche Fachgesellschaft für Rheumatologie will die DGRh mit Hilfe der Deutschen Rheuma-Liga helfen, belastbare Informationen zur SARS-Cov2-Infektion, zum Verlauf der Infektion und zum Einfluss der Medikation auf die Krankheit finden. Dazu haben wir ein Register eingerichtet (https://www.covid19-rheuma.de/). Sollten Sie sich als Patient mit entzündlich rheumatischer Erkrankung mit dem Corona-Virus infiziert haben, bitten wir Sie nachdrücklich, dass ihr betreuender Hausarzt oder Rheumatologe Ihre Daten in das Register aufnimmt. Nur wenn die Daten vieler Patienten im Register zusammenkommen, können wir die vielen noch offenen Fragen mittel- und langfristig besser beantworten und einschätzen. Auch Sie selbst können uns allen und den mitbetroffenen Patienten helfen und zur Klärung dieser Fragen beitragen, indem Sie sich unter derselben Internetadresse als Patient anonym registrieren und einige Fragen beantworten.

Also:

  • Medikamente nicht absetzen!
  • Möglichst niedrige Cortison-Dosierungen!
  • Sprechen Sie bei Sorgen und Fragen mit Ihrem Rheumatologen über spezifische Verhaltensmaßnahmen!
  • Sollten Sie sich als Patient mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen mit dem Corona-Virus infiziert haben, bitten wir Sie eindringlich, sich in dem COVID-Register der DGRh (https://www.covid19-rheuma.de/). zu registrieren und Ihren Fall von Ihrem Arzt eintragen zu lassen! Nur so können wir alle zusammen mehr Klarheit für die aktuelle und zukünftige Virus-Pandemie schaffen und Vieles lernen!

 

Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V.

Rotraut Schmale-Grede, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga

 

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